Erwin und Hans-Peter beim Ultra-Marathon in Zermatt erfolgreich

45.895 Meter und 2.458 Höhenmeter – aber keinen Meter mehr

Diese Worte sind auf dem Finishershirt zu lesen, welches den erfolgreichen Teilnehmern des Ultra-Zermatt-Marathons nach Zielüberschreitung überreicht wurde. Die Ultra-Strecke hatten die Veranstalter des Zermatt-Marathons als besondere Attraktion anlässlich des 10-jährigen Jubiläums exklusiv für 500 Läufer zusätzlich zu dem Marathon und dem Staffel-Marathon ins Programm genommen. Weil die Plätze im Nu ausgebucht waren, wurde das Kontingent auf 700 erhöht.

Das Ziel dieses Ultra-Marathons befindet sich auf dem 3.080 Meter über N.N. gelegenen Gornergrat. Auf dieser Höhe endete in den beiden ersten Jahren 2002 und 2003 auch der normale Marathon. Danach wurde das Ziel aus, wie der Veranstalter sagt, logistischen, gesundheitlichen und auch finanziellen Gründen auf den ca. 500 Meter niedriger gelegenen Riffelberg verlegt. Die fehlenden 3,5 km wurden mit einer Schleife durch und um Zermatt aufgefüllt. Dem immer wieder geäußerten Wunsch, das Ziel wieder auf den Gornergrat zu legen, wurde bei der Jubiläumsveranstaltung durch den Ultra-Lauf nachgegeben. Diese Entscheidung wurde durch einen Teilnahmerekord belohnt. Insgesamt fanden über 2.100 Läufer und Läuferinnen den Weg nach St. Niklaus, einem auf 1.085 Meter gelegenen Ort im unteren Mattertal. Von hier starteten um 8.25 Uhr die Ultra-Läufer. 20 Minuten später wurden die Elite-Läufer des traditionellen Marathons und um 8.55 Uhr die Staffelläufer auf die Reise geschickt, bevor pünktlich um 9.00 Uhr die restlichen Marathonis folgten.

Unter die Teilnehmer des Ultra-Marathons hatten sich auch zwei vom Lauftreff Westum gemischt. Hans Peter Gieraths, der keinem Ultra-Lauf aus dem Weg geht, und Erwin Wagner, der bei der Premiere des Zermatt-Marathons in 2002 dabei war und seither von der Faszination eines Laufes jenseits der 3.000 Meter Grenze gefangen ist. Zu der außergewöhnlichen Höhe kamen beim Premierenlauf noch extreme Witterungsbedingungen.  Regen bis 2.200 m ü. NN und dann nur noch Schnee bis ins Ziel machten den Lauf 2002 zu einem unvergesslichen Erlebnis.

In diesem Jahr zeigte sich dass Wetter von seiner besten Seite. Dank des frühen Starts hatte die Sonne noch nicht alle Berge erklommen, so dass diese bei wolkenlosem Himmel kühlenden Schatten spendeten. So waren die ersten 20 Kilometer, vorbei an den Orten Herbrigen, Randa und Täsch, nach Zermatt trotz der nicht zu verachtenden 600 Höhenmeter, verglichen mit dem was noch kam, relativ leicht zu laufen. Hier durfte man sich auch nicht zu sehr anstrengen, wollte man die große Herausforderung bis zum Gipfel meistern. Diese Herausforderung beginnt nach der Schleife durch Zermatt bei km 25. Während der folgenden 7 Kilometer sind 650 Höhenmeter bei stetigem Anstieg zu bewältigen bis das bekannte Skigebiet Sunnega erreicht wird. Erwin und Hans Peter, der den Zermatt-Marathon vor zwei Jahren ebenfalls gelaufen war, kennen diesen Kraft zehrenden Aufstieg und hatten sich deshalb mental darauf eingestellt, so dass sie diese Passage ohne Gehpausen hinter sich bringen konnten. Nach Sunnega folgt ein kurzer kräftiger Anstieg bevor es dann 7 Kilometer recht gemütlich, ohne wesentliche Höhenunterschiede bis zum Hotel Riffelalp auf 2.222 m ü. NN geht. Dafür haben es die verbleibenden 6 km bis zum Ziel auf dem Gipfel in sich. Allein auf diesem kleinen Abschnitt sind fast 900 Höhenmeter zu bewältigen, was einem durchschnittlichen Anstieg von 15 % entspricht. Nun verläuft die Strecke über teilweise mit hinderlichen Steinen bewachsene Bergpfade aber nicht gleichmäßig und deshalb sind die Anstiege phasenweise mehr als 30 %. Hier läuft keiner mehr. Auch fällt es nicht leicht, den Blick auf die berühmten Berge, wie Matterhorn, Monte Rosa, Breithorn, um nur einige zu nennen, zu genießen. Zu sehr wird die Konzentration durch die unregelmäßige Wegführung beansprucht. Dabei waren in diesem Jahr die Berge zu sehen, wenn auch von Wolken umrankt. Bei seinem Premierenlauf im Schneegestöber konnte Erwin bei einer Sicht von maximal 20 Metern noch nicht einmal ihre Umrisse erahnen. Dennoch warf sich ihm auf dem letzten Abschnitt die Frage auf, ob das Laufen damals in der Kälte nicht einfacher war als jetzt im Sonnenschein.

In diesem Jahr war das Ziel deutlich erkennbar und damit auch der letzte brutale Anstieg. Auch Zuschauer waren reichlich vorhanden und hatten sich nicht wie beim Premierenlauf im großen Festzelt vor dem Schneesturm in Sicherheit gebracht. Sogar Musik spielte auf, und die Läufer wurden vom Veranstalter persönlich per Handschlag nach Überqueren der Ziellinie ob ihrer Leistung gratuliert. Das oben erwähnte Finishershirt wurde zusammen mit der Medaille überreicht und eine Warmhaltefolie nicht nur übergeben sondern fachgerecht umgelegt und verknotet. Die Warmhaltefolie wurde benötigt für den Bahntransfer zum Riffelberg, dem Ziel des traditionellen Marathons. Dorthin waren die vor dem Start abgegebenen Kleider transportiert worden. Duschen mit warmem Wasser standen in ausreichender Zahl zur Verfügung und wer wollte konnte sich noch massieren lassen. Das auf dem Riffelberg befindliche Hotel bot ausreichen Platz zum Verweilen an, sowohl im geschützten Innenbereich wie auch auf den umliegenden Terrassen, wo die Siegerehrung für die Erstplazierten aller Läufe stattfand. Den Ultra-Marathon bei den Frauen gewann übrigens die deutsche Carolina Reiber, die auch den Premierenlauf als Siegerin absolvierte.

So wie Carolina Reiber ihre Topform bewahren konnte, zeigte auch Erwin Wagner, dass er von seinem Leistungsvermögen nichts verloren hat. Nicht auf dem Treppchen, aber mit einem 35. Gesamtplatz und als 6. in der mit 163 Zieleinläufern besetzten Altersklasse der 50 bis 60 Jährigen war er nicht nur mit der Platzierung sondern auch mit der benötigten Zeit von 5:03 Std. äußerst zufrieden.

Weniger auf Zeiten als auf Umfang ist Hans Peter Gieraths als passionierter Ultraläufer fixiert. Vor nicht einmal 2 Wochen hatte er die Zugspitze bei einem ULTRATRAIL mit 101 km Länge und 5474 Höhenmeter umrundet. In Anbetracht der recht kurzen Regenerationszeit war er in Zermatt mit einer Zeit von 5:37 Std. und einem 121. Gesamtplatz ebenfall sehr erfolgreich. Seine besondere Ultratrail-Fähigkeit wird erkennbar wenn man bedenkt, dass er in Zermatt noch auf dem 263. Platz lag und bergauf stetig überholte.

Die gesamte Veranstaltung war bestens organisiert. Besonders der Ultra-Marathon hat nur positiven Anklang gefunden. Mal sehen, ob die Veranstalter dem Wunsch nach Wiederholung nachgeben werden.