Im Advent über die Sieben Berge

Die Adventzeit ist sicherlich nicht die Wettkampfzeit für die typischen Volksläufer, ganz sicher nicht, wenn es dabei in das nicht einfach zu laufende Siebengebirge geht. Sturmtief Xaver hatte sicherlich auch noch dazu beigetragen, die Laufstrecken für den Halbmarathon und den Marathon anspruchsvoll zu machen. Trotzdem waren die Laufstrecken überwiegend gut zu laufen, nur bei wenigen Passagen wurde es wirklich schlammig – und selbst wenn, auf der Strecke waren die Bedingungen für alle gleich!

Rechtzeitig zum Start um 09:00 Uhr machten sich die 285 Teilnehmer am Halbmarathon aus dem kuschelig warmen Bürgerhaus in Aegidienberg auf zum Startplatz am Gangpferdezentrum. Zum warmwerden oder warmbleiben wurden dort vor dem Start erst noch ein paar Runden gelaufen um sich auf die 21,1 Kilometer durch das Siebengebirge einzustimmen. Pünktlich ging es los und das Feld zog sich sofort auseinander. Als erster erreichte Thomas Spitzlay (Canyon Bicycles) in 1:21 das Ziel. Bei den Frauen siegte Martina Schwanke (Rhein-Erft-Multisport) in 1:32. Vom Westumer Lauftreff waren sechs Teilnehmer am Start, die unterschiedliche Ambitionen und Erwartungen hatten. Nach einem Kilometer führte die Strecke wieder am Bürgerhaus vorbei, dort hatten sich die späteren Westumer Teilnehmer am Marathon am Straßenrand eingefunden um die Halbmarathonis abzuklatschen. Die Motivationsspritze hielt zumindest für die nächsten Kilometer vor. Petra und Thorsten Kath sowie Helge Höck waren anfangs im vorderen Bereich dicht zusammen, bei den ersten Steigungen zog dann aber Petra davon und konnte sich noch weiter vorne etablieren. Die Verletzungspause hat der Kondition offensichtlich nicht geschadet und die anspruchsvollen abendlichen Trainingseinheiten auf dem Ahrradweg sorgen für die erforderliche Tempohärte. Petra war schnellster Westumer Teilnehmer in 1:44 und damit Fünfte im Gesamtfeld der Damen und zweite Ihrer Altersklasse.

Helge Höck hatte bei den Steigungen seine Schwierigkeiten,  konnte aber nach 1:49 noch im ersten Drittel des Gesamtfeldes und als Erster seiner Altersklasse M 65 durch den im Bürgerhaus aufgebauten Zielbogen laufen. Nur wenig später lief Thorsten Kath in 1:52 über den roten Teppich. Sabine Wolter war unschlüssig, ob sie trotz einer leichten Zerrung überhaupt laufen konnte, versuchte es, und wurde mit einer Zeit von 2:03 belohnt.  Es folgte Sandra Nazzaro, die neu im Laufgeschäft, sich gleich einen knackigen Halbmarathon ausgesucht hatte. Sie lief ruhig los, teilte sich die Strecke gut ein und konnte mit ihrer Zeit von 2:17 auf der fordernden Strecke zufrieden sein. Rainer Strack hatte nach längerer Verletzungspause erst kurzfristig wieder mit dem Training angefangen und wollte nur wissen wo er leistungsmäßig steht. Seine Zeit von 2:23 spiegelt sicherlich nicht seine Möglichkeiten wieder.

Aber eigentlich geht man ins Siebengebirge um Marathon zu laufen. Während üblicherweise bei anderen Veranstaltungen das Gros der Teilnehmer - wo angeboten - die Halbdistanz wählt, sammeln sich traditionell Anfang Dezember in Aegidenberg in der Mehrzahl die Marathonläufer. Dieses Jahr sogar besonders viele, über 400 Startplätze wurden vergeben. Was macht die Strecke so attraktiv? Da wäre natürlich das Siebengebirge, das sowieso immer ein Läufchen wert ist, auch wenn man gerade zum Drachenlaufen dort war. Dann ist die Organisation top verlässlich, unaufgeregt, routiniert, Verpflegung und Beschilderung seit 14 Jahren optimiert auf höchstem Niveau. Z. B. Details wie großgeschriebene Schilder, was es wo an der Erfrischungs-Theke gibt, so dass man schon aus 100 m Entfernung den richtigen Tresen anläuft. Das Gedränge eines Stadtmarathons entfällt, man pilgert gemeinsam kurz vor Start aus der heimelig warmen Festhalle zum Startplatz und läuft dann mal belanglos in den Wald. Aber was den 7GM so attraktiv macht, sind seine Ausreden:

1.) Saisonabschluss (man befindet sich bereits in der strategischen Jahresregeneration)

2.) Wetter (letztes Jahr geschlossene Schneedecke, dieses Jahr knöcheltiefer Morast)

3.) schweres Profil (naja, 780 Höhenmeter)

Da kann man ja keine Bestzeit laufen! Also muss man es auch gar nicht versuchen (Ausnahmen wie Erwin Wagner bestätigen die Regel). Stattdessen nutzt man den 7GM tiefentspannt als betreuten langen Lauf, als Produktteststrecke (neuer Doppelflaschengurt von Nathan und witzige Startnummernmagnete, die man auch als Piercing tragen kann, um die Frau zu erschrecken) oder für lauftaktische Experimente, Fahrtspiel, Ernährungserprobungen. Tja und wenn es dann wider alle Erwartungen doch gut läuft, kann man ja immer noch durchziehen, so wie Sylva Kohl, die Pirmin Braun dann am genau gleichen Punkt, bei km 36 wie vor 2 Jahren unbarmherzig abgehängt hat, um nach 3:59 ihren 2. Platz in der AK und den Gutschein für einen Salomon Sense Mantra im 7-Gebirgscup abzuholen. Zwei Minuten später war Pirmin Braun dann auch im Zielbogen, rechtzeitig genug, um staunend mitzuerleben wie die Luft voll hübscher Mädchen war. Die wurden da nämlich ständig hochgeworfen, ließen sich wieder fallen, wurden gefangen und wieder hochgeworfen und das Ganze noch im Takt der Musik. Sein Runner's High hatte er so zwischen 12-21 km, HM bei 1:51, danach ausgetrabt. Erwin Wagner, den Pimin die ersten Km noch begleiten konnte, war nach 3:41 im Ziel, was auch den 2. Platz in der Altersklasse bedeutete. Für Jürgen Kohl war es sein erster Marathon nach langer Verletzungspause und er freute sich, dass nach vorsichtigen 4:31 alles noch körperlich intakt war.